Wo Multikulti nur Schein ist, ist auch der Marktwert der ungarischen Sprache gering

Von Tünde Szabó – erschienen am 27. 11. 2019 auf dem investigativen Internetportal Átlátszó Erdély (Siebenbürgen); Zweitveröffentlichung in deutscher Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Autorin – deutsche Übersetzung: Armin Stein

Teil 1

Madjaren und Rumänen in Siebenbürgen besuchen nicht mehr nur getrennte Schulen oder Kneipen, sondern arbeiten zunehmend in unterschiedlichen Unternehmen. Ein Interview mit dem Soziologen Zsombor Csata über den Aufstieg der Ethnoökonomie und den Wert der Mehrsprachigkeit.
Wie verstärken ökonomische Prozesse die ethnische Separation in Siebenbürgen?
Wie lässt sich der wirtschaftliche und soziale Nachteil – verursacht durch die Asymmetrie des Mehrheit-Minderheit-Verhältnisses – quantifizieren?
Mit welchen wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Methoden ließe sich das Prestige der Zweisprachigkeit in Rumänien wiederherstellen? Was könnte der Demokratische Bund der Rumänienmadjaren (RMDSZ) zum Erreichen dessen beitragen?

Darüber haben wir uns mit dem Soziologen Zsombor Csata, einem siebenbürgischen Forscher der Ethnoökonomie, unterhalten, nachdem er Mitte November in Klausenburg einen kurzen Vortrag darüber gehalten hatte, dass sich die ungarischen und rumänischen Gemeinschaften in Siebenbürgen nicht nur sozial, sondern auch wirtschaftlich messbar zu trennen begonnen haben.

Zsombor Csata ist außerordentlicher Professor am Ungarischen Institut für Soziologie und Sozialarbeit an der Babeş-Bolyai Universität der Wissenschaften in Klausenburg/Cluj-Napoca und wissenschaftlicher Mitarbeiter am von der Ungarischen Akademie der Wissenschaften gegründeten Nationalen Institut für Minderheitenforschung. Er lebt in Neumarkt am Mieresch/Târgu Mureș und reist oft nach Budapest, wo er ein Bolyai-Forschungsstipendium erhielt, um die Zusammenhänge zwischen Vielfalt und Wohlstand in Siebenbürgen zu untersuchen, er erhielt auch die Unterstützung des ehemaligen OTKA, das derzeitige Nationale Amt für Forschung, Entwicklung und Innovation, um die Institutionalisierung der Ethnoökonomie im Kreise madjarischer Gemeinschaften in Siebenbürgen und der Slowakei zu erforschen.

Seine neuesten Forschungsergebnisse zur ethnischen Parallelität des siebenbürgischen Wirtschaftsumfelds wurden von dem mehrsprachigen „Mehrsprachiges Klausenburg (1) – der Preis des Gebrauchs der Muttersprache im Wirtschaftsleben” am 13. November präsentiert, wo neben Forschern auch solche Unternehmer aus Klausenburg und Siebenbürgen vom YZ-Institut des Madjarischen Jugendzentrums und des „Igen, tessék!“-Verbandes eingeladen wurden, denen Mehrsprachigkeit im Wirtschaftsleben wichtig ist.

Marktprozesse unterstützen die Säulenbildung, wenn sie sich selbst überlassen bleiben, das heißt die Trennung der rumänischen und der madjarischen Gesellschaft in Siebenbürgen. – Dies wurde in Zsombor Csatas Vortrag und der anschließenden Diskussion am Runden Tisch von Unternehmern deutlich. Für Unternehmen lohnt es sich wirtschaftlich, mit Verbrauchern und Kunden in einem mehrsprachigen, aber für jede Sprache separaten Kanal zu kommunizieren oder für Unternehmensleiter und Mitarbeiter, wenn die informelle Kommunikation innerhalb des Unternehmens in einer einzigen Sprache erfolgt.

Auch wenn es sich für die Mitarbeiter finanziell nicht lohnt: Die Differenz liegt zwischen 50 und 450 Lei pro Monat, was bedeutet, dass ein madjarischer Angestellter in Siebenbürgen weniger verdient, wenn er in einem vollständig ungarischsprachigen Umfeld arbeitet, als wenn er denselben Job in derselben Branche dort hätte, wo es weit mehr rumänische Arbeitnehmer als madjarische gibt.

Zsombor Csata begann 2007 in Amerika sich für die Ethnoökonomie zu interessieren. Dort begegnete er einem Fachbereich, der die unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhaltensweisen ethnischer Gruppen untersucht, erkannte jedoch bald, dass ein Großteil dieser Literatur für uns nutzlos ist, da die sprachliche Assimilation dort sehr schnell erfolgt, was glücklicherweise hier nicht der Fall ist. Die Kinder von Einwanderern in Amerika sprechen Englisch bereits auf dem gleichen Niveau wie die Mehrheit. Dort verschwindet praktisch die sprachliche Bruchlinie, die sprachliche Asymmetrie, während sie bei uns (im Kreise der Rumänienmadjaren, Red.) bestehen bleibt. (Darüber hinaus zeigen heimische Untersuchungen, dass sich die Rumänischkenntnisse der Madjaren in Siebenbürgen verschlechtern und die Parallelisierung zunimmt.)

So kam er zur Sprachökonomie, die sich weniger aus den Mitteln der Soziologie, sondern vielmehr aus den Mitteln der neoklassischen Ökonomie aufbaut, erklärt Csata. Diese Theorie berechnet, soweit sie kann, wie viel diese sprachlichen Nachteile kosten und welche zusätzlichen Belastungen eine sprachliche Minderheit im Vergleich zur Mehrheit tragen muss. Neben der Quantifizierung der Sprachnachteile soll in diesem Forschungsbereich auch eine Sozialpolitik geschaffen werden, um dieser Art von Benachteiligung entgegenzuwirken. Csatas Herangehensweise ist näher an der Ökonomie, sie repräsentiert eher eine rationale Entscheidungstheorie und nähert sich andererseits dem Problem von der Seite der sozialen (Verteilungs-) Gerechtigkeit.

Átlátszó: Wie kann der sprachliche Nachteil einer Minderheitengemeinschaft quantifiziert werden? Was kostet es einem madjarischen Kind in Siebenbürgen, Rumänisch zu lernen, bis es ein aktives Mitglied des rumänischen Wirtschaftslebens wird?

Csata: Die Kosten für die soziale Integration (lediglich dass wir uns in jeglicher alltäglicher Sprachsituation verstehen) sind asymmetrisch, wobei die Last des Lernens der gemeinsamen Sprache weitgehend von den Minderheiten getragen wird. Ein Abiturient lernt 12 Jahre lang Rumänisch. Wenn wir dies in durchschnittlich vier Lektionen pro Woche und drei Stunden Vorbereitungszeit aufteilen und als Basis eine 40-Stunden-Woche nehmen, stellt sich heraus, dass er in den 12 Jahren eineinhalb Jahre nur mit Rumänischlernen verbringt. Dies ist ein Durchschnittswert, aber 8 bis 10 Prozent der Schüler besuchen auch Rumänisch-Nachhilfe, um besser Rumänisch zu können, die nicht nur die Zeit, sondern auch Geld kostet.

Andererseits könnte man argumentieren, dass sich aus den Ungarisch-Kenntnissen der ungarischen Schüler ein Vorteil ergeben kann, aber das Ausmaß dieses Vorteils ist nicht so groß wie die Investition, die erforderlich ist, um den Nachteil bei der rumänischen Sprache zu überwinden. Der Marktwert der ungarischen Sprache in Rumänien ist erheblich niedriger als der der rumänischen Sprache und nimmt mit dem Bevölkerungsrückgang weiter ab.

Wenn die Mehrsprachigkeit in irgendeiner Weise normalisiert werden könnte, wie András Bethlendi und Co. es ausdrückten, wenn durch zivilen Druck oder auf andere Weise die Unternehmen zur „Verzweisprachigung“ der Dienstleistungen gezwungen werden könnten (ungarische Verbraucher ansprechen, ungarischsprachiges Marketing betreiben, ungarischen Kundenservice haben, immer einen Mitarbeiter haben, der Ungarisch kann), könnte dies indirekt den Marktwert der ungarischen Sprache erhöhen, da Unternehmen auch einen Mitarbeiter suchen müssten, der Ungarisch kann.

Átlátszó: Kann man dies mit zivilen, verbraucherrechtlichen Mitteln durchsetzen oder kann das nur die Politik auf dem administrativen Weg effektiv lösen?

Csata: Ich denke, mit zivilgesellschaftlichen Initiativen kann das nur teilweise durchgesetzt werden. Wo dies nicht offiziell geregelt ist, ist es auch nach Ansicht anderer Sprachökonomen sehr schwierig, eine symmetrische Zweisprachigkeit aufrechtzuerhalten. Bengt-Arne Wickström argumentiert, dass wenn sich die Zweisprachigkeit wirtschaftlich nicht rechnet, der Staat sie erzwingen soll: „Zweisprachigkeit ist nicht nur deshalb für eine Minderheit wichtig, weil sie ihr Wohlbefinden erhöht, – wenn sie beispielsweise ein Geschäft betritt, in dem ihre Muttersprache Teil der Sprachlandschaft ist, wenn sie in ihrer Muttersprache angesprochen wird -, sondern auch, weil sie indirekt Arbeitsplätze für Ungarischsprachige schafft und ihre Sprachkenntnisse auf dem Arbeitsmarkt aufwertet. Ich halte diesen latenten Effekt für noch wichtiger als die Veränderung der Sprachlandschaft.“

Die Kosten für das Erlernen von Sprachen können relativ leicht quantifiziert werden, dies ist jedoch nur eine der deutlich sichtbaren Dimensionen des Nachteils. In der Schweiz zum Beispiel befasst sich Francois Grin mit dem Prozentsatz des BIP, der für die mehrsprachige Bildung des Landes ausgegeben wird (unter 1 Prozentpunkt) und meint, dass dieser im Verhältnis zu ihren Vorteilen recht gering ist.

Die Kosten der Zweisprachigkeit in Québec sind ebenfalls gut nachvollziehbar: Die Einhaltung der Sprachcharta für den Gebrauch der französischen Sprache kostete in den 1990er Jahren 0,28 bis 0,48 Prozent des BIP. Dies beinhaltete nicht nur die Kosten für Bildung, sondern auch die Zweisprachigkeit der Kommunalverwaltungen und die zweisprachige Arbeitsweise der Gerichte. Man kann die Kosten sehr gut verfolgen, denn in Québec wurde ein Spezialfonds für Zweisprachigkeit eingerichtet, und es ist möglich, genau zu sehen, wie viel die Gemeinden und Nichtregierungsorganisationen, die bei diesem Fonds etwas beantragen, für Zweisprachigkeit ausgegeben haben.

Es ist ungerecht, dass in Rumänien ein erheblicher Teil der Kosten für die Zweisprachigkeit gesetzlich an die Kommunalverwaltungen übertragen wird und ihnen in einem stark umverteilenden System keine zentralen Ressourcen zugewiesen werden. Dies belastet praktisch einseitig die Haushalte der mehrheitlich madjarischen Kommunalverwaltungen und man rühmt sich gleichzeitig, dass die Behandlung von Minderheitenangelegenheiten in Rumänien vorbildlich ist.

In einem weiteren Forschungsprojekt, das am Nationalen Institut für Minderheitenforschung zusammen mit István Horváth und Gergő István Szekély durchgeführt wird, versuchen wir auch, die zusätzlichen Kosten der Zweisprachigkeit in siebenbürgischen Gemeinden anhand von Daten, Fragebögen und Interviews zu beziffern – von wie viel es kostet, ein zweisprachiges Straßenschild zu haben, bis zu einem Dolmetscher und einer Übersetzungsmaschine in der Gemeinde, wie hoch sein Lohn ist, wie lange es dauert, bis die Anwälte und Juristen den Standpunkt der Gemeinde bei sprachrechtlichen Verfahren ausarbeiten und vor Gericht vertreten.

Für die Kommunen ist es ebenso eine zusätzliche Investition, alles zu übersetzen, in zwei Sprachen auszuschreiben, wie für eine Person, in der Schule Rumänisch zu lernen, und sie erhalten dafür kein zusätzliches Geld aus dem Staatshaushalt. Ziel der Forschung ist es, die Kosten der Zweisprachigkeit anhand der Größe der Siedlungen und des Anteils der madjarischen Bevölkerung zu beziffern.

Es ist auch wirtschaftlich nachteilig, dass der Markt für Sprachprodukte, der Kulturmarkt, kleiner, die Nachfrage nach ungarischen Büchern und Zeitschriften geringer ist und ein ungarisches Kind auch rumänische Bücher und Medienprodukte kaufen muss. Der Haushalt der Angehörigen der Minderheit wird belastet, was auch dadurch verursacht wird, dass offizielle Dokumente ins Rumänische ja und ins Ungarische nicht übersetzt werden müssen.

Es ist sehr schwer zu beziffern, aber der rhetorische Nachteil für die ungarische Minderheit ist sehr wichtig, was darauf zurückzuführen ist, dass nur wenige gut oder fast perfekt Rumänisch können, und daher gegenüber Muttersprachlern bei Treffen, an Orten, an denen es notwendig ist, zu argumentieren benachteiligt sind. Ein spannendes Forschungsgebiet ist, wie dies erfasst werden kann, um beispielsweise zu sehen, wie viele ungarische Wortmeldungen in gemischten Magistrats- und Gemeindeverordnetensitzungen es gibt und wie das Schicksal der in solchen Wortmeldungen unterbreiteten Vorschläge sein wird. Eine Übersetzungsmaschine zu bekommen ist also nicht nur von symbolischer Bedeutung.

Selbst die grundlegendsten Lebenssituationen spiegelt die Tatsache wider, dass die Minderheiten den größten Teil der Integrationskosten tragen. Wenn wir zum Beispiel alle Rumänisch lernen, muss man nicht ständig für uns übersetzen. Jeder, der Tourist in einem Land war, dessen Sprache er nicht kennt, kann sich leicht vorstellen, wie es wäre, wenn wir nichts auf den Aufschriften verstehen würden. Man müsste immer jemanden ums Übersetzen bitten – während die Entwicklung der Wirtschaft davon abhängt, immer mehr Umsatz in immer kürzerer Zeit zu erhalten.

In Bezug auf die Bedeutung einer gemeinsamen Sprache für die Wirtschaft hatte ich in Benin, Westafrika, aufschlussreiche Erfahrungen: Man spricht dort 47 Sprachen und versteht sich nicht, was es sehr schwierig macht, selbst die grundlegendsten Transaktionen durchzuführen. Es ist üblich, dass Menschen auf dem Markt ihre Hände und Füße zur Kommunikation verwenden. Natürlich gibt es auch eine Tradition des Feilschens auf den Wochenmärkten. Französisch wird von 15 Prozent der Bevölkerung gesprochen. Die meisten Einwohner sind Fonsprachige, aber sie bilden auch im Land keine absolute Mehrheit: 30 Prozent der Bevölkerung sprechen Fon.

Átlátszó: Unterstützt Eure Forschung die mit provokanten Absichten zum Ausdruck gebrachte Ansicht, dass die rumänische Sprache im Szeklerland bei einem solchen alltäglichen Kauf und Verkauf nicht verwendet werden könnte?

Csata: Sie wird nicht unterstützt. Ich kenne keinen Elternteil, der das Rumänischlernen seines Kindes absichtlich boykottieren würde; niemand möchte seinem Kind Schaden zufügen. Seltene, extreme Fälle können auftreten, aber dies ist sicherlich nicht die Norm.

Solche Situationen haben mindestens zwei Seiten. Die eine ist, warum ein Rumäne, der noch nie im Szeklerland war, glaubt, dass dies eine verbreitete, böswillige Praxis sei, – hier lohnte es sich, dessen Sozialpsychologie zu betrachten, die nicht mein Spezialgebiet ist. Die andere Seite ist, warum die Szekler nicht gerne Rumänisch sprechen, auf dem Niveau, auf dem sie es können. Eine Schlüsselrolle dabei spielen die sprachlichen Ideologien, die der madjarische Schüler spätestens in der Primarstufe verinnerlicht, und zwar dass das, was er sagt, grammatikalisch korrekt sein muss. Von da an besteht eine gute Chance, dass man auch dort Sprachüberwachung sieht, wo sie nicht vorhanden ist, selbst in Situationen, in denen jemand die Fehler madjarischer Mitbürger in gutem Glauben korrigieren möchte.

Damit meine ich nicht, dass es keine Sprachwächterei gäbe, sondern dass sie häufiger – als tatsächlich vorhanden – wahrgenommen wird, und dies führt zu einer Art Selbstzensur, weshalb die Betroffenen immer seltener Rumänisch sprechen und manchmal absichtlich Situationen meiden, in denen sie Rumänisch sprechen müssten. Ein Erdővidéker Gastwirt beschwerte sich, dass die Kellner, wenn ein rumänischer Gast kommt, in die Küche flüchten, bis er wieder geht. Deswegen könnte der Rumäne denken, dass man ihn nicht bedienen will. Nun, dies ist aber ein noch komplexerer Prozess, über den wir stundenlang separat sprechen könnten.

Ich war beruhigt, dass der Kaufland-Mitsch-Skandal so schön abgeklungen ist und nicht zu einer großen nationalistischen Spannungsmache geführt hat und dass sich die Gemüter nicht wie im Fall des Militärfriedhofs in Valea Uzului/Úzvölgy erhitzten, was leicht hätte passieren können.

Átlátszó: Aus der Kaufland-Geschichte ging per se eindeutiger hervor, dass es sich um einen künstlich erzeugten Konflikt handelte (der rumänische „Verbraucher“ traf noch bevor der Supermarkt öffnete ein, nur um den jungen madjarischen Angestellten anzumachen), während in Valea Uzului viszerale Gemüter – Urinstinkte – kollidierten?

Csata: Ja, aber damals dachte ich, dass sich daraus eine größere Sache entwickelt und dem Zusammenleben im Alltag viel Schaden zugefügt wird. Die Asymmetrie der Sprachen führt nicht nur zu wirtschaftlichen Nachteilen, sondern legitimiert unweigerlich die Mehrheitsdominanz, und selbst wenn etwas sie legitimiert, dann ist es das, dass sie bei allen madjarisch-rumänischen sprachlichen Interaktionen dabei ist und uns daran erinnert, dass unsere Sprache zweitrangig ist, wodurch die „Gleichheit der Wertschätzung” gebrochen wird (parity of esteem). Das sind bereits die Gedanken von Philippe van Parijs (in freier Übersetzung) und sie nähern sich dem Problem nicht mehr aus sprachökonomischer, sondern aus der Sicht der politischen Philosophie und Gerechtigkeit. Es ist ein sehr starkes Argument für echte Zweisprachigkeit, wenn die Mehrheit die Minderheitensprache lernt. Leider hält er (Anm.: van Parajs) dies nur in einem „territorial erzwungenen Sprachregime” für machbar. Dies kommt unserer Vorstellung von territorialer Autonomie nahe? Darin bin ich mir nicht sicher.

Für die sprachliche Symmetrie reicht es aus, die Sprache des anderen zu verstehen, sodass man nicht unbedingt auch das Sprechen erlernen müsste. Das Verständnis der Sprache reicht auch aus, um sprachliche Vorurteile zu unterbinden und die Gleichheit der Wertschätzung herbeizuführen.

In diesem Zusammenhang ist mein konkreter Vorschlag, dass Ungarisch allen Interessierten kostenlos beigebracht werden sollte. Ich kann es nicht oft genug in meinen Vorlesungen betonen, dass das Geld aus Ungarn auch dafür verwendet werden sollte, Ungarisch in größeren siebenbürgischen Städten kostenlos zu unterrichten und Sprachschulen zu haben, wir könnten sogar helfen, den Bedarf aufzudecken, Ungarisch könnte attraktiver vermarktet werden usw.

Átlátszó: Mangelndes Vertrauen – neben der Intensität des Kontakts mit Rumänen und der ethnischen Zusammensetzung des Wohnortes – ist einer der Gründe für Ethnozentrismus auch im Bereich der Wirtschaft, wie Sie in einer früheren Studie geschrieben haben. Könntest du dies genauer erklären?

Csata: Der „Igen tessék!“-Verein hat unter unserer Regie 2013 eine Umfrage unter Studenten in Klausenburg durchgeführt und die Trends haben sich seitdem nicht geändert. Wo es mehr Misstrauen gibt und die Institutionen der Demokratie nicht gut funktionieren, fliehen die Menschen in die Sicherheit geordneterer Beziehungen wie Verwandtschaft, Sprache, ethnische Zugehörigkeit, Religion – also wählen sie ethnozentrischer.
In den rumänisch-madjarischen Beziehungen wird dieses allgemeine Misstrauen durch die sprachliche Grenze verstärkt. Rumänischkenntnisse beeinflussen auch die Wahl, unabhängig vom Vertrauen. Je vertrauter die Dienstleistung ist, desto wichtiger ist es für die Menschen, sie in ihrer Muttersprache in Anspruch zu nehmen. Ich denke hier an medizinische oder Finanzdienstleistungen, bei denen das Risiko von Missverständnissen viel höher ist und die Konsequenzen schwerwiegender sind: Man wird falsch diagnostiziert oder man akzeptiert ein Darlehenspaket, das nicht unbedingt vorteilhaft ist. Nüchterner Pragmatismus und die Ergebnisse der Umfrage zeigen auch, dass rumänische Sprachkenntnisse einen Einfluss darauf haben, wie ethnozentrisch eine Person ist.

In einer 2013 durchgeführten Umfrage zum Verbraucher-Ethnozentrismus bei Klausenburger Studenten wurden die Argumente darüber, warum jemand von einem Madjaren kauft, in drei Meinungsprofilen zusammengefasst. Die pragmatische Motivation aufgrund der Sprachkenntnisse war die stärkste: Da ich kein gutes Rumänisch kann, ist es für mich bequemer, wenn ich bei einem Madjaren einkaufen kann. Darauf folgte das Argument, dass man Solidarität mit madjarischen Verkäufern zeigt, was ich als eine Art bindendes „Bonding“-Kapital interpretiere, und es kam in einem Zug, dass sie mehr Vertrauen in die Qualität der Produkte und Dienstleistungen hätten, die sie bei einem Madjaren erwerben. Der dritte Teil der Motivationen ist eher unspektakulär: Sie wählen einen madjarischen Händler, weil er näher ist – für den Studenten aus dem Szeklerland, wenn er nach Hause fährt, vielerorts gibt es ja kein rumänisches Angebot. Damit wurde bewiesen, dass madjarische Studenten in Klausenburg nicht aus viszeraler Bosheit oder aufgrund eines unvereinbaren Antagonismus kein Produkt oder keine Dienstleistung von einem Rumänen kaufen.

Ich vermute, dass dies auch bei der Gesamtbevölkerung nicht anders ist. Hierbei ist zu beachten, dass 2008 48 Prozent der Teilnehmer an der Einzelhandelsstichprobe angaben, bei gleichem Qualitätsangebot lieber bei einem Madjaren einzukaufen, 2012 nur 41 Prozent. Der Unterschied kann auch durch die Tatsache erklärt werden, dass wir 2008 eine Aktionsprojektion gemessen und abgefragt haben, was man tun würde, wenn, und 2012, was man tatsächlich gewählt hat, wenn man eine Wahlentscheidung treffen muss.

Ich meine, dass sich dieser Ethnozentrismus der Verbraucher im Laufe der Zeit nicht wesentlich verändert hat – im Gegensatz zur Angebotsseite. Auf dem Markt erschienen immer mehr Produkte und Dienstleistungen für Madjaren (Székely-Produkt, Góbé-Produkt usw.). Einerseits stellte man fest, dass diese gefragt sind, und andererseits fungieren einige von ihnen auch als kulturelle Marker: Igazi Csíki Sör ist im Szeklerland beliebt, konnte aber nicht wirklich in den ausländischen Markt eindringen. Zuhause ist es jedoch mehr als nur ein Produkt.

Ethnische Unternehmen entstanden als natürliche Reaktion auf die Nachfrage, die sich im Zusammenhang mit dem Ethnozentrismus der Verbraucher entwickelte. Ihre Verbreitung wurde durch die Tatsache erleichtert, dass die Regulierung des Sprachgebrauchs auf dem rumänischen Markt flexibel ist. Der Staat greift nicht ein, wenn etwas auch auf Ungarisch beworben wird, sondern stellt nur sicher, dass dies auch auf Rumänisch erfolgt.

Ich halte es für eine kluge Initiative, was die „Igen, tessék!“-Bewegung oder die EMNT „Für mein Geld auf Ungarisch“ in ihrer Kampagne unterstützen, da wir auf dem Markt selbstbewusster, assertiver und proaktiver sein können, da nichts den freien Sprachgebrauch verbietet. Als Verbraucher haben wir das Geld, wir können es erzwingen, eine zweisprachige Aufschrift und einen ungarischen Kundenservice zu haben. Wir riskieren damit nichts, im Gegensatz zur Polizei oder einem Krankenhaus, wo das Kräfteverhältnis zu unserer Ungunst ist und wo man seine Machtpositionen beim geringsten Anzeichen von Widerrede gegen uns wenden kann.

Die Verbreitung ethnischer Produkte wird auch durch die Tatsache unterstützt, dass das ethnische Marketing immer professioneller geworden ist. Was die Intelligenz von diesen Werbetricks hält, sei mal dahingestellt, aber der Otto Normalverbraucher kann von einigen Szekler-Metaphern, der Bären-Narrative, überzeugt werden – besonders in Kombination mit regionalem Bewusstsein, Gesundheitsbewusstsein, Antiglobalisierung und am besten im Paket. Die Frage ist natürlich, wann die Menschen von diesen Symbolen genug haben und ob Experten dann neue Innovationen präsentieren können.

Vor diesem Hintergrund erwarte ich eine Expansion des Marktes für ethnische Unternehmen – umso mehr, wenn der allgemeine Lebensstandard steigt, die Löhne steigen und immer mehr Menschen im Szeklerland es sich leisten, nicht das billigere Massenprodukt von der multinationalen Firma, sondern das teurere Produkt aus der Heimat zu kaufen. Die Tendenz ist vorhanden, oft fehlt aber einfach das Geld dafür.

Ich vermute, dass die Pro-Kopf-Marketingkosten für ungarische Anzeigen niedriger sind, da es, wie Péter Polacsek im Gespräch bemerkte, ausreiche, den ungarischen Verbraucher in seiner Muttersprache anzusprechen, so dass dieser dem jeweiligen Produkt oder der jeweiligen Dienstleistung Aufmerksamkeit schenkt. Ich gehe davon aus, dass ungarischsprachiges Marketing in Gebieten mit gemischter Bevölkerung derzeit kostengünstiger ist, da es immer noch selten ist.

Átlátszó: Mit anderen Worten, die Einnahmen aus dem Verkauf sind auf diese Weise höher als die Ausgaben für die Übersetzung und separate Verbreitung von Werbung?

Csata: Ja, denn damit rumänische Werbung effektiv ist, muss die Zielgruppe nach einer Reihe von Merkmalen fragmentiert werden! Die Botschaft sollte so formuliert sein, das geeignete Medium muss so ausgewählt werden, dass die Werbung alle erreicht. Positionierung, Zielgruppenansprache (Targeting) und benutzerdefinierte Nachrichten sind vielfältiger und kosten daher mehr. Madjaren hingegen können mit der Sprache als Gruppe angesprochen werden; es ist nicht erforderlich, für jede Zielgruppe eine eigene Botschaft zu entwickeln, und dies kann daher billiger sein.

Ich wage es zu sagen, weil der Konsumethnozentrismus der Madjaren nicht von Alter, Geschlecht oder Bildung abhängt: Jeder freut sich, auf Ungarisch angesprochen zu werden. Je mehr Menschen im Laufe der Zeit dann die ungarische Sprache als Werkzeug der Zielgruppenansprache (Targeting-Tool) in Anzeigen verwenden werden, desto weniger wird es sich natürlich lohnen, so dass man auch die madjarische Zielgruppe wird weiter segmentieren müssen.    Ende Teil 1

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