Von Martin Bukovics und Bea Bakó. Erschienen auf dem Online-Portal azonnali.hu am 15. Juni 2019. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Chefredakteurin Bea Bakó. Deutsche Übersetzung: Richard Guth
Eine Autonomie Siebenbürgens sei ein Ding der Unmöglichkeit, das Seklerland sollte lieber um Geld bitten, sagt Paul-Jürgen Porr, Vorsitzender der UDMR/RMDSZ der Rumäniendeutschen im Interview mit Azonnali. Seiner Ansicht nach ist es goldrichtig, dass sich Klaus Johannis im rumänischen Präsidentenstuhl nicht als Deutscher verhält, die rumänischen Autobahnen vergleicht er mit dem männlichen Geschlechtsorgan, und er würde gerne mehr deutsche Migranten in Siebenbürgen sehen.
Siebenbürgen wurde im Grunde über Jahrhunderte vom Zusammenleben dreier Völker, der Madjaren, Rumänen und Deutschen geprägt, bevor es in den vergangenen hundert Jahren vom rumänischen Nationalstaat romanisiert wurde. Die Deutschen, die unter anderen Schässburg, Hermannstadt und Kronstadt aufgebaut haben, wanderten vornehmlich entweder aus oder wurden verkauft oder starben aus. Es gibt sie aber noch: Und sie haben nicht nur einen Staatspräsidenten in der Person von Klaus Johannis, sondern eine eigene Interessensvertretung á la UDMR, das Demokratische Forum (DFDR). Mit dem Vorsitzenden dieser Partei, dem Chirurgen Paul-Jürgen Porr, haben wir in der Parteizentrale in Hermannstadt noch vor den Ereignissen von Valea Uzului (Úzvölgye – hier kam es im Frühjahr zu Konflikten zwischen Rumänen und Seklern rund um einen Soldatenfriedhof am Rande des mittlerweile entvölkerten Dorfes, R. G.) gesprochen.
Verhält sich Klaus Johannis, Staatspräsident von Rumänien, eher als guter Deutscher oder als guter Rumäne?
Er ist von Geburt Rumäniendeutscher. Seit er Präsident ist, ist er Präsident aller Rumänen (rumänischen Staatsbürger). Wir, die deutsche Minderheit wollen erst gar nicht, dass er uns einen privilegierten Status verschafft – denn das würde uns die Mehrheitsgesellschaft übelnehmen. Oder ich muss sagen, dass er in diesem Sinne ein guter Rumäne ist: Seine Politik kommt den Massen zugute.
Warum wollen Sie nicht, dass Johannis der Präsident der Rumäniendeutschen ist?
Weil dadurch, dass er alle vertritt, auch uns vertritt. Das heißt, neben der rumänischen Mehrhetisgesellschaft alle 18 Minderheiten – unter ihnen sind die Madjaren mit 1,6 Millionen die größte, dann kommen die Roma in der meiner Ansicht nach selben Größenordnung, auch wenn sich bei der letzten Volkszählung lediglich 500.000 von ihnen dazu bekannt haben, denn sie betrachten sich eher als Rumänen oder Madjaren, je nachdem, wo sie leben –, unter denen wir zahlenmäßig nur eine ganz kleine Minderheit stellen.
Was glauben Sie, bleibt Johannis auch über 2019 hinaus im Amt?
Wir hoffen es sehr. Nicht nur als Minderheitenangehörige, sondern auch als rumänische Staatsbürger. Johannis verfolgt eine ausgeglichene, proeuropäische Politik im Gegensatz zu den beiden, nicht gerade EU-freundlichen, nationalistischen, gar chauvinistischen Regierungsparteien. Seitdem die PSD-ALDE-Regierung an der Macht ist, wurden die rechtsstaatlichen Standards systematisch ausgehöhlt, sie treffen wirtschaftsfeindliche Entscheidungen, nehmen Kredite auf – die unsere Kinder werden schultern müssen –, um die Löhne und Renten bezahlen zu können. Investitionen werden so gut wie nicht getätigt.
Ich pflege es zu sagen, dass die rumänischen Autobahnen wie das männliche Geschlechtsorgan sind: Man muss sich über jeden zusätzlichen Zentimeter freuen. Nicht wahr?
Es ist interessant zu beobachten, dass die deutsche Minderheit Wegbegleiter der Mitte-Rechts-Opposition ist, die Vertretung der madjarischen Minderheit, die UMDR, hat früher die PSD-ALDE-Regierung unterstützt.
Deswegen habe ich sie mehrfach kritisiert. Als Minderheit muss man grundsätzlich immer die Regierung stützen – aus der Opposition heraus kannst du nichts für deine Leute tun – das ist eine klare Sache, darin hat die UMDR Recht. Aber dass er mit ihrer Stimme das Zerschlagen des Rechtsstaates unterstützte, ist nicht in Ordnung – ich habe ihnen auch mitgeteilt, dass das der Grund war, warum ich dieses Jahr nicht an ihrem Klausenburger Kongress teilgenommen habe. Aber zu solchen Schritten der UMDR stehen auch die Siebenbürger Madjaren kritisch.
Also hat die UMDR die PSD-ALDE-Regierung Ihrer Ansicht nach eigentlich nur deshalb als Außenstehende unterstützt, weil die Interessensvertretung einer Minderheit dies erfordert?
Ja. Jetzt wollen sie zum Beispiel erreichen, dass man an den ungarischsprachigen Schulen in Rumänien kein Abitur in Rumänischer Sprache ablegen soll. Das wäre, ganz neutral, aus Sicht eines Außenstehenden betrachtet, meiner Meinung nach kein Fortschritt: Diejenigen, die solche Schulen besuchen, leben genauso in Rumänien, das Rumänische würden sie nur dann nicht brauchen, wenn sie unmittelbar nach dem Abitur nach Ungarn ziehen würden. Aber wenn man hier bleibt, dann ist es meiner Ansicht nach nicht glücklich, wenn man sich als rumänischer Staatsbürger in der Amtssprache nicht ausdrücken kann – diese UMDR-Forderung ist daher kontraproduktiv.
Es wird schon lange über die Autonomie des Seklerlandes diskutiert. Kann man es als Rumäniendeutscher unterstützen?
Ich bin diesbezüglich skeptisch. Die drei Komitate im Seklerland – Covasna, Harghita und Mieresch – liegen in der geographischen Mitte Rumäniens, es scheint ein wenig so, als wären sie Enklaven, deswegen spricht man immer von kultureller und nicht ethnischer oder territorialer Autonomie. Meiner Meinung nach sollte man den Seklern gestatten, dass sie ihre Fahne frei aufhängen können – ich denke, dass wenn es den anderen gut geht, dann wird es auch uns gut gehen.
Wenn es gelingen würde, dass die Seklerregion, was im Vergleich zu anderen Teilen von Siebenbürgen als rückständig gilt, wirtschaftlich aufholt, ihnen gut gehen würde, dann würde sie keine Autonomie mehr fordern.
Das ist nicht die Meinung des gesamten DFDR, sondern nur meine: Ich bin gegen die Autonomie, allein deshalb, weil das der Nährboden für den rumänischen und madjarischen Nationalismus ist. Klausenburg hatte in der Person von Gheorghe Funar jahrelang einen nationalistischen Bürgermeister: Denjenigen, der damals die Lokalpresse las, ergriff sofort das Gefühl des Drangs zur Auswanderung, als er darin die nationalistischen Gestänker zu Gesicht bekam. Man hat die Bänke auf den Straßen mit dem rumänischen Trikolor bemalt – das Ganze grenzte schon ans Absurdum. Der Nationalismus führt zu keinem Ergebnis.
Wäre die Autonomie Siebenbürgens eher akzeptabel?
Es gibt historische Beispiele dafür aus der Zeit des Ungarischen Königreichs und von Österreich-Ungarn, aber ich sehe heute keinen rumänischen Politiker, der diese Idee unterstützen würde. Selbst Präsident Klaus Johannis nicht.
Dennoch zeigt der Zusammenschluss der vier prosperierenden Großstädte in Siebenbürgen – Großwardein, Temeswar, Klausenburg und Arad – unter der Bezeichnung „Westliche Allianz” doch in die Richtung, oder?
Sie haben lediglich ein Ziel, nämlich die regionalen EU-Gelder direkt abrufen zu können, ohne Zutun von Bukarest. Wir werden sehen, ob es ihnen gelingt.
In ihnen lodert also kein siebenbürgisches Feuer, wenn ich es richtig spüre.
Nein. Europa ist ein Europa der Regionen. In Siebenbürgen und dem Banat ist seit Jahrhunderten vorhanden, was wir heute den europäischen Gedanken nennen: das friedliche Zusammenleben von Völkern und Religionen. Was in gewissen Teilen Europas – auf dem Amselfeld, in Katalonien, in Irland – erst ein Traum bleibt, das haben Madjaren, Deutsche, Rumänen, Juden und Roma hier in Siebenbürgen jahrhundertelang erlebt. Es wäre gut, wenn dieser europäische Gedanke in Siebenbürgen auch in Ungarn Fuß fassen könnte: Denn Viktor Orbán denkt recht europafeindlich.
Worin äußert sich das?
In seiner Migrationspolitik, dass er keine Muslime aufnimmt. Der europäische Gedanke besagt diesbezüglich, dass man all denjenigen die Tore öffnet, die Hilfe bedürfen: Terroristen und Wirtschaftsmigranten ja nicht – das ist ein längerer Prozess, das geht nicht anhand zweier Fotos. Darüber freuen sich die Ungarn/Madjaren sicherlich und sagen, Gott sei Dank bleiben wir Christen. Rumänien war nicht gegen die deutsche Flüchtlingspolitik, es selbst hat Flüchtlinge aufgenommen. Das Problem ist eher, dass niemand zu uns kommen will. Wir haben deswegen nicht die Grenzen geschlossen und deswegen keinen Zaun gebaut, weil es nicht notwendig war. Als eine Flüchtlingsfamilie zufällig in Rumänien landete anstelle in Ungarn, war sie traurig. Bei Temeswar gibt es immer noch ein Flüchtlingslager, das ziemlich überfüllt ist, die dort Lebenden integrieren sich in die rumänische Gesellschaft, lernen Sprache und Beruf.
Wieviele Deutsche leben eigentlich heute in Rumänien?
Knapp 40.000. Vor dem Zweiten Weltkrieg waren wir noch 800.000, Siebenbürger Sachsen, Banater Schwaben, Sathmarer Schwaben, Zipser Sachsen (die sich in Maramuresch niederließen, R. G.), Bukowina- und Dobrudscha-Deutsche zusammen. Nach dem Krieg wurden sehr viele Deutsche deportiert oder zur Zwangsarbeit verschleppt, und auch viele zogen in die BRD. Vor der Wende gab es noch 250.000 von uns. Die große Ausreisewelle setzte sich 1990 ein, infolge dessen es bei der Volkszählung von 1992 nur noch 120.000 von uns gab. 2002 hat man nur noch 60.000 Deutsche gezählt, das hatte aber in erster Linie bereits biologische Gründe.
Warum haben Sie Rumänien zu sozialistischen Zeiten nicht verlassen, als die BRD die deutsche Minderheit quasi freikaufte?
Das war ein großes Lotteriespiel. Ich kannte welche, die 18 Jahre auf das Erlaubnis zur Ausreise warten mussten. Deutschland hat für 20.000 Deutsche bezahlt – es hing von dem Schulabschluss ab, wieviel. Für Akademiker mehr, für Facharbeiter weniger. Ich ging aus zwei Gründen nicht: Zum einen, weil es nicht absehbar war, wann ich ausreisen darf, zum anderen, weil der Ausreiseantrag negative Konsequenzen gehabt hätte. Denn am Tag darauf hat die Securitate einen aus seiner Führungsposition entfernt, aber auch als einfacher Lehrer durfte man nicht arbeiten, unter dem Motto, wie könnte er die rumänische Jugend im sozialistischen Geist erziehen, wenn er sich selbst nach der kapitalistischen BRD sehnte, oder wie sie sagten: Hat er mit dem Klassenfeind paktiert?
Viele haben dieses Risiko nicht eingehen wollen. Der Grund für die Ausreisewelle von 1990 war das Verschwinden dieser negativen Konsequenzen.
Bei mir überwogen fachliche Gründe bei der Entscheidung zugunsten des Bleibens. Da wir in Kanada Verwandte hatten, wollten die Brüder meines Vaters, dass wir auch dorthin ziehen. Mein Vater wollte aber nicht: andere Sprache, anderes Wetter. Er starb 1971, ich fing ein Jahr später das Medizinstudium an, dann blieb ich in Klausenburg forschen. In die DDR konnte man damals selbst als Tourist nicht, von der BRD ganz zu schweigen: das Risiko eingehen, dass ein junger, lediger Arzt dort bleibt?!
Nach der Wende haben wir das Deutsche Forum gegründet – das hielt mich auch. Bis dahin hat jeder zweite Deutsche seinen Koffer gepackt, wir fragten uns auch: Wer und für wen macht man diesen Verein?! Aber ich würde diese 30 Jahre nicht als Misserfolg werten: Wir sind auf der Ebene der Kommunalpolitik erfolgreich – in Sathmar haben wir Bürgermeister und arbeiten auf lokaler Ebene wunderbar mit der UMDR zusammen –, so sehr, dass wir in Hermannstadt zum fünften Mal in Folge das Rennen um das Bürgermeisteramt gemacht haben: viermal mit Klaus Johannis, einmal mit Astrid Fodor. Und wir stellen nicht nur den Bürgermeister, sondern auch die Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung, und das so, dass der Anteil der Deutschen in dieser südsiebenbürgischen 160.000 Einwohner-Stadt nur zwei Prozent beträgt.
Was ist der Grund dafür?
Bis 2000 hatte Hermannstadt keinen ernstzunehmen Bürgermeister, was damals ein graues Provinznest vor dem Zerfall war. Nachdem Johannis 2000 gewählt wurde, hat er eine Reihe Firmen hierher gelockt und legte dadurch den Grundstein für das Wirtschaftswachstum. Die eingezahlten Gewerbesteuereinnahmen wendete er dafür auf, Blumen zu pflanzen, die Stadt zu verschönern, Gebäude zu renovieren – Marx hatte also Recht, die Wirtschaftsstruktur ist die Basis von allem. In der zweiten Runde der Wahlen von 2000 hat Johannis haushoch gewonnen, aber er hatte keine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung. Damals hat die PSD, die sozialdemokratische Partei – die ja überhaupt nicht sozialdemokratisch, sondern vielmehr postkommunistisch ist – alles blockiert, damit sich Johannis nicht durchsetzen konnte.
2004 hat dann auch das DFDR eine Liste aufgestellt, Johannis ließ darüber hinaus verlauten: Ich benötige, um effizient arbeiten zu können, die Mehrheit in der Versammlung, der dies unterstützt, soll die deutsche Liste wählen. Das hat man wohl verstanden: Johannis hat bereits in der ersten Runde 89 % bekommen. Als ich ihm gratulierte, meinte ich gleichzeitig zu ihm, dass dieses Ergebnis in einer Demokratie Misstrauen hervorruft, solche Zahlen kann in etwa Fidel Castro produzieren. In der Versammlung hatten wir eine Stimmenmehrheit von 60 %. Seitdem ist alles effizienter. Auch unter Johannis« Nachfolgerin, Astrid Fodor, gibt es eine deutsche Mehrheit in der Hermannstädter Stadtverordnetenversammlung.
Würden Sie sagen, dass es den Minderheiten in Rumänien gut geht? (Das Interview fand vor dem Vorfall in Valea Uzulei statt, Red.)
Grundsätzlich ja. Es gibt zwar kein Minderheitenschutzgesetz, aber die jeweilige Regierung hat stets eine minderheitenfreundliche Politik geführt: Jeder Minderheit kann Parlamentsabgeordnete entsenden, der Staat unterstützt mit Geld die Minderheitenkultur. Wir haben in Rumänien eine deutschsprachige Tageszeitung! In Ungarn haben die Deutschen lediglich ein Wochenblatt. Auf diesem Gebiet ist die Minderheitenpolitik zufriedenstellend.
Wo sie nicht ist, zeigt sich darin, dass man das Minderheitendasein als Zielscheibe gegen Klaus Johannis benutzt, der mein Vorgänger in diesem Vorsitzendenstuhl war. Viele greifen ihn in den Medien damit an, dass er jahrelang einer nationalsozialistischen Nachfolgeorganisation vorgestanden sei. Nun, Nazis gab es hier lediglich zwischen 1940 und 1944, wir haben nichts mit ihnen zu tun, das DFDR wurde ja erst 1990 gegründet. Man könnte die UMDR auch horthystisch bezeichnen, denn Horthy war ja genauso ein Madjare, wie Hitler ein Deutscher. Aber auch Goethe und Schiller waren Deutsche, wie Béla Bartók ein Madjare… Zuletzt kam es in den Fünfzigern vor, durch Einfluss der sowjetischen Propagandafilme, dass man einen Rumäniendeutschen hitlerisch nannte – einige haben heute dieses Niveau erreicht.
Welches Verhältnis haben die Rumäniendeutschen zu Rumänien?
Für uns ist Rumänien das Vaterland, Deutschland das Mutterland. Das wurde auch im Rahmen eines rumänsch-deutschen Partnerschaftsvertrags aus dem Jahre 1992 festgelegt – dank dessen erhalten wir auch vom BMI finanzielle Unterstützung, nicht nur von Bukarest.
Warum haben Sie das Minority SafePack nicht unterstützt?
Darüber habe ich damals lange mit dem Iniator Loránt Vincze gesprochen. Ich habe ihm stets gesagt, dass wir, Deutsche das nicht brauchen. So sind wir verblieben. Er bat mich noch darum, dass wir nicht dagegen sein sollen. Das hätten wir sicherlich nicht getan. Aber wir wären eh zu wenig gewesen, um die Initiative zum Erfolg zu verhelfen.
Die größte Unterstützung für Minority SafePack, mindestens 500.000 Unterschriften, kam aus Ungarn – ich habe mich auch gewundert, welche Minderheit es ist, die plötzlich so zahlreich in Ungarn erschienen ist?!
Damals haben Sie das Minority SafePack als ein politisches Projekt von Loránt Vincze angesehen – oder was war der Grund, dass Sie sich nicht dahinter gestellt haben, nicht einmal in Form einer Geste?
Es ging um Grunde darum, dass sich mit der Problematik der Minderheiten auch die EU beschäftigen soll, nicht nur die einzelnen Nationalstaaten. Unser Standpunkt ist, dass man das wohl auf der Nationalstaatsebene oder darunter lösen soll. Wenn mein oberer Nachbar durch einen Wasserschaden mir Schaden zufügt, dann renne ich nicht sofort zum Bürgermeister!
Sie haben erwähnt, dass sie immer weniger werden, bei der letzten Volkszählung hat man nur noch 40.000 Rumäniendeutsche registriert. Kann man mittel- oder langfristig noch von irgendeinem Zukunftsbild sprechen?
Natürlich. Die Schülerschaft unserer deutschsprachigen Schulen ist zu 90-95% rumänisch, also, wenn es an uns gelegen hätte, hätten wir schon lange diese Schulen schließen müssen. Unser Problem ist nicht, dass wir zu wenig Schüler haben, sondern dass wir zu wenig Lehrer haben. Die deutsche Sprache wird in Rumänien erhalten bleiben, und solange es welche gibt, die die Sprache sprechen, wird das DFDR auch leben. Ich bin Arzt, kein Hellseher, aber ich sehe kurz- und mittelfristig eine Zukunft für uns. Seitdem wir EU-Mitgleid sind, ist nicht nur das Reisen, sondern auch der Umzug aus dem einen ins andere Land einfacher geworden.
1990 gingen noch alle in den Westen – heute zieht man eher von dort hierher. Solche Deutsche ziehen zu, die früher nichts mit Rumänien zu tun hatten – sie sind praktisch Migranten.
So einer ist der Inhaber der Schiller-Buchhhandlung am Großen Ring und des Büchercafes Erasmus, der aus Bonn nach Hermannstadt kam, ohne Siebenbürger Wurzeln. Immer, wenn ich einer Touristengruppe begegne, erkläre ich, dass man nicht nur als Gäste nach Siebenbürgen kommen sollen. Die Natur ist wunderschön, die Küche gut, die Frauen sind schön, das Internet schnell, und es scheint so, als würde auch die Autobahn um Zentimeter für Zentimeter wachsen.
Quelle: https://azonnali.hu/cikk/20190615_nemet-migransokat-erdelybe-paul-jurgen-porr-dfdr-elnok, Bild: azonnali.hu