Deutscher Vorname. Steh dazu!

Von Richard Guth

Gut, ich gebe es zu, es ist mein Steckenpferd. Oder eines meiner Steckenpferde. Ich müsste es langsam akzeptieren, dass es das unveräußerliche Recht jedes Einzelnen ist, seinen Vornamen nach seinem besten Gewissen zu bestimmen. Wir kennen auch die historische Entwicklung, die dazu geführt hat, dass es heute so ist, wie es ist. Für viele ein gottgebener Zustand, den man nicht verändern könnte. Ich könnte ja reichlich Beispiele aus dem Ausland bringen, die zeigen, dass es nicht nur anders geht, sondern dass das Standard ist. Wie in Siebenbürgen, bei den Siebenbürger Sachsen und Landlern – dies geht sogar so weit, dass man sich in rumänischen Texten im Falle von ungarischen/madjarischen Namen an den Regeln der ungarischen Grammatik orientiert (hier bezüglich Wortstellung): So steht in den rumänischen Texten (beispielsweise in einem Buchimpressum) „Szabó János” und nicht „János Szabó”. Stellen wir uns vor: In „Magyar Nemzet” oder „HVG” würde man den Abgeordneten Koloman Brenner nicht als „Brenner Koloman”, sondern „Koloman Brenner” zitieren. Oder Imre/Emmerich Ritter als „Emmerich Ritter” und nicht „Ritter Imre”. Wenn er dann seinen deutschen Vornamen offiziell eintragen lassen und auch im ungarischen Kontext verwenden würde. Das wäre eine Sensation und würde mit Jahrzehnte, nein Jahrhunderte alten Gewohnheiten aufräumen. Wie mein verstorbener Freund Franz Wesner stets zu sagen pflegte: „Ebben az országban (a) magyar az úr!” (In diesem Land ist (der) Madjare der Herr!”) Vielleicht besser für die Betroffenen, denn man würde sie womöglich für Ausländer (oder gar Migranten) halten. Deren Vorfahren waren es ja, insofern wäre selbst diese Kategorisierung sachlich nicht ganz falsch, lägen da nicht Jahrhunderte meist friedlichen Zusammenlebens dazwischen.

Aber bleiben wir bescheiden und auf dem Boden der Möglichkeiten!

Anfang September wurde die Einheitsliste der LdU mit den Namen der Kandidaten publik. Einheitlich war es dennoch nicht, denn das Flugblatt enthielt zwar – bis auf wenige Ausnahmen bei Trägern mit deutschen amtlichen Vornamen – ausschließlich ungarische Namensformen wie János und Terézia oder bei verheirateten Kandidatinnen Vor- und Nachnamen mit der Endung -né (Frau von). Bei der Einzelvorstellung zeigte sich hingegen ein etwas anderes Bild: So dominierten zwar weiterhin ungarische Vornamen, aber es fanden sich zahlreiche deutsche Namensvarianten wie Johann, Richard oder Magdalena.

Soviel ich weiß, wurde es jedem selbst überlassen, ob er die deutsche oder die ungarische Vornamensform angibt. (Positiv anzumerken wäre, dass sich auf der LdU-Seite von den Einzelvorstellungen im Karteikartenformat nur eine deutsche Variante existiert, die man auch auf der ungarischen Seite so vorfindet.) Aber hier ist ja der Hund begraben – warum entscheidet sich ein Vertreter, eine Vertreterin der deutschen Minderheit dafür, anstelle der deutschen Form des Vornamens die ungarische zu verwenden? Es gibt natürlich Fälle, wo die ungarische Namensform keine deutsche Entsprechung hat, weil es den Vornamen beispielsweise im Deutschen nicht gibt wie bei Ibolya oder Hajnalka. Aber bei allen anderen bestünde die (nun theoretische) Möglichkeit, zur deutschen Form öffentlich zu stehen. Man könnte sogar die deutsche Form eintragen lassen, ohne die ungarische gleich aufzugeben. Man könnte aber gleich die ungarische ablegen und per Namensänderung die deutsche annehmen, wie einige Akademiker (Maria Erb oder Koloman Brenner) es vorgemacht haben.

Es ist jedermanns unveräußerliches Recht, über den eigenen Vornamen zu bestimmen – anfangs wird diese Entscheidung von den Eltern getroffen, später von sich selbst. Aber als gewählte/r Vertreter/in einer Gruppe mit Werten, Sprache und Tradition ist es dennoch eine Pflicht, der Vorbildfunktion als gewählter Vertreter, gewählte Vertreterin gerecht zu werden. Zumal es Rechte gibt, die für uns da sind und die wir nur nutzen sollten. Auch im Sinne einer Vorbildfunktion.

In dem Sinne: Ungarndeutsch. Steh dazu! Auch namentlich.

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