von Richard Guth
„Ich verstehe nur eine Sache nicht, lieber Bewohner deutscher Volkszugehörigkeit, nein, nicht so, eher Bewohner von (…), der sich der deutschen Gemeinschaft zugehörig fühlt (im Internet schrieb man es so), warum sprechen Sie nicht ihre Muttersprache? Ich wohne seit zwei Jahren hier und habe noch kein einziges Wort Deutsch gehört. Ich hielt mich in den Pausen sogar unter den Schülern des hiesigen deutschen Gymnasiums auf und alle sprachen ungarisch. Ich habe in Temeswar das ungarische Gymnasium besucht, aber bei den Schülern hast du in den Pausen kein einziges rumänisches Wort gehört und alle sprachen perfekt Ungarisch. Lernen Sie die deutsche Muttersprache zu Hause und die Deutschen sollen deutsch miteinander sprechen!!!”, so der Kommentar eines Herrn banatermadjarischer Herkunft anlässlich einer Diskussion über den Sprachgebrauch im Kreise ungarländischer Nationalitäten, insbesondere der Deutschen.
Bemerkenswert! Im Kommentar habe ich den Ortsnamen bewusst gestrichen, denn dieser Ort ist überall, das grundlegende Problem fehlenden Sprachgebrauchs ist im ganzen Land anzutreffen. Bemerkenswert, dass gerade ein Madjare, der das Problem versteht, versucht, die Augen der Betroffenen zu öffnen. Das Bemerkenswerteste ist jedoch, dass das in Ungarn Vermisste für diese Person völlig normal ist. Im Messenger-Chat erzählte er mir, der Kommentator, dass ihn am meisten erschütterte, dass man hier nicht seine Muttersprache sprechen würde, was in Rumänien nicht einmal in den dunkelsten Jahren der Diktatur der Fall gewesen sei, wenn man nicht gegen die Parteilinie sein Wort erhob. Deswegen versteht er nach eigenem Bekunden die Argumentation von Ungarndeutschen nicht, wie es möglich gewesen sei, dass man den Sprachgebrauch in der Familie hat verbieten lassen können – es gab doch gar keine Kontrollmöglichkeiten. Er berichtete weiter, dass es damals in Temeswar in der Straßenbahn völlig normal gewesen sei, dass man in mehreren Sprachen kommunizierte, und dies nicht flüsternd.
Verkehrte Welt, könnte man sagen.