von Richard Guth
Als gemeinsamen und historischen Erfolg wertete die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen (LdU) den Einzug des bisherigen Parlamentarischen Fürsprechers der Ungarndeutschen, Emmerich Ritter, ins Parlament. Der aus Wudersch stammende 65-jährige Volkswirt wurde mit 25.660 Stimmen gewählt und erhielt 3.000 Stimmen mehr als für einen Parlamentssitz erforderlich. Insgesamt ließen sich im Vorfeld über 33.000 Ungarndeutsche registrieren, etwa 78 % gaben ihre Stimme ab.
Der fünffache Vater arbeitete nach seinem Wirtschaftsstudium an der Karl-Marx-Universität für Wirtschaftswissenschaften (heute Corvinus-Universität) bei den Budapester Verkehrsbetrieben BKV und war dort zuletzt als stellvertretender Generaldirektor tätig. Ritter gründete 1990 eine eigene Buchhaltungs- und Steuerberatungsfirma. 1995 wurde Emmerich Ritter Vorsitzender der Deutschen Selbstverwaltung Wudersch, von 1998 bis 2011 bekleidete er das Amt des Vorsitzenden des Finanzausschusses der LdU. 2011 wählte man ihn zum stellvertretenden Vorsitzenden der Landesselbstverwaltung. Auch in der Lokalpolitik war der Steuerberater aktiv, zuerst als parteiloser Stadtverordneter der deutschen Minderheit (1998-2002), dann als Verordneter der Fidesz-KDNP (2006-2010). Die Partei stellte ihn 2010 als Bürgermeisterkandidaten in seiner Heimatstadt auf, er konnte sich aber gegen den langjährigen und amtierenden Bürgermeister Thomas Wittinghoff nicht durchsetzen. Er hat sich nach der Wahl aus der Parteipolitik zurückgezogen, wie er es auch im Vorfeld der Parlamentswahlen 2018 betonte, seine Parteimitgliedschaft ruht gegenwärtig. Im neuen Parlament wird er in den nächsten vier Jahren Vorsitzender des Nationalitätenausschusses und Mitglied im Finanzauschuss sein.
Gegenüber der linksliberalen Tageszeitung „Népszava” stellte Emmerich Ritter Mitte April klar, dass er die Ungarndeutschen vertreten und keine von den Nationalitäteninteressen unabhängige parteipolitische Rolle bekleiden werde. Er werde sich bemühen stets Rücksprache mit der LdU zu halten, insbesondere in nationalitätenpolitischen Fragen. In anderen Fragen werde er sich nach seinem Gewissen entscheiden, mit einer Tendenz zur Unterstützung von Regierungsvorhaben. In der vergangenen Legislaturperiode hätte Ritter stets den Kontakt zu den Vertretern der Oppositionsparteien gesucht, dies will er nach eigenen Angaben weiter so halten. Als Aufgaben für die nächste Zeit definierte der Abgeordenete in der Sendung „Ma reggel” der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt MTVA – in Anlehnung an das offizielle Wahlprogramm der LdU – die Vereinfachung der Fördermechanismen im Fallen von Vereinen und Organisationen der Nationalitäten, die Stärkung der eigenen deutschen Nationalitätenschulen, denn die Familien alleine wären nicht mehr imstande, die deutsche Muttersprache zu tradieren, die Pflege der guten Beziehungen zu Deutschland und die Rückgabe der Mitbestimmungsrechte der Nationalitätenselbstverwaltungen.
Bild: nepszava.hu