Presseschlacht um Emmerich Ritters Fidesz-Bindungen

Von Patrik Schwarcz-Kiefer

Am Dienstag berichtete das Nachrichtenportal Index davon, dass möglicherweise über die deutsche Liste ein Abgeordneter ins ungarische Parlament gewählt wird. Laut dem Artikel könnte dies später für die Fidesz vorteilhaft sein, da der Listenführer Emmerich Ritter früher Bürgermeisterkandidat der Fidesz in Wudersch war und bis heute Mitglied der Regierungspartei ist. Ritter hat auf die Frage von Index so reagiert, dass seine Mitgliedschaft in Fidesz keinen Einfluss auf seine parteiunabhängige Arbeit im Parlament hätte.

Was im Artikel noch hervorzuheben ist, ist das Verhalten bei den Abstimmungen des künftigen Mitglieds des Parlaments. Ritter hat index.hu gegenüber mitgeteilt, dass er vor der Abstimmung mit den Sprechern der anderen Nationalitäten konsultieren würde, wenn es um ein Minderheitenthema geht. Falls ein Tagesordnungspunkt nichts mit den Nationalitäten zu tun hat, würde er loyal zur Regierung abstimmen, denn er wolle keine Opposition spielen, wenn die Politik der jeweiligen Regierung gut für die Minderheiten ist.

Emmerich Ritter reagierte am 28. März in einer Pressemitteilung auf den Index-Artikel:

„Das Ungarndeutschtum steht vor einer historischen Chance: Während die Gemeinschaft im Parlament bisher von einem Fürsprecher vertreten wurde, so kann sie nach den Wahlen am 8. April womöglich einen vollwertigen Abgeordneten ins Parlament entsenden.

Die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen mit ihrer Nationalitätenwahlliste führt eine ausgewogene, positive und erfolgreiche Kampagne, die auch von den Medien unterstützt wird. Es erschien am 27. März auf index.hu jedoch ein Beitrag mit dem Titel „Es tritt eine neue Wahlregel quasi in Kraft, die Orbán in die Hände spielt”, der als Zusammenfassung meines Telefongesprächs mit dem Verfasser nicht das Wesentliche von meiner Tätigkeit für meine Nationalität in den Mittelpunkt stellt beziehungsweise er ist dafür geeignet, die Politik, die von mir vertreten wird und die ich im Laufe der vier Jahre meiner Tätigkeit als Fürsprecher konsequent verfolgte, auf missverständliche Art und Weise zu interpretieren.

Deshalb erachte ich es als notwendig festzuhalten, dass

-ich als Parlamentsabgeordneter im Leitgrundsatz stets die Interessen der ungarndeutschen Nationalität vertreten werde. Im Falle von Vorlagen, die die Nationalitäten unmittelbar betreffen, natürlich im Konsens mit dem Nationalitätenausschuss. In solchen Angelegenheiten, die die Nationalität(en) nicht unmittelbar betreffen, möchte ich mich in Absprache mit den Nationalitäten und allen voran mit der Institution, die mich nominiert hat, loyal zur jeweiligen Regierung verhalten, wenn sie eine solche Politik verfolgt, die wir als unterstützenswert erachten. Daher kann es keine Rede von einer bedingungslosen Regierungsloyalität sein, wie es manche aus dem Beitrag herauslesen zu können meinten.

-Es ist allgemein bekannt, dass ich in meiner Heimatstadt Wudersch, unterstützt von Fidesz, Lokalpolitiker bzw. Bürgermeisterkandidat war. Im Rahmen dieser Tätigkeit bin ich zwar Fidesz-Parteimitglied, aber seit acht Jahren nehme ich weder in Wudersch noch in der Region noch auf Landesebene an jeglicher Tätigkeit bzw. Veranstaltung der Partei teil. Meine Mitgliedschaft ruht praktisch seit acht Jahren. Meine Parteimitgliedschaft ruht ab dem heutigen Tag auch formal, um jeglichem Missverständnis zuvorzukommen. Ich bedauere, dass ich diesen Schritt bis jetzt nicht getan habe.

-Für mich steht als Grundsatz, der weder moralisch noch politisch noch emotional in Frage gestellt werden kann, fest, dass ich meine parlamentarische Tätigkeit unabhängig von Parteien, ausschließlich in Vertretung der ungarndeutschen Gemeinschaft, meiner Wähler verrichte – das tat ich in den letzten vier Jahren und werde es auch in der Zukunft tun.”

Der Fall sorgte bei vielen für Unverständnis, zumal wir sehen, dass der Wahlkampf auf Hochtouren läuft und das Ergebnis noch nicht klar ist. Was wird Ritter tun, wenn er das Zünglein an der Waage wird und seine Stimme entscheiden kann, ob Ungarn weiter eine Fidesz-KDNP-Regierung hat oder eine andere? Was wird passieren, wenn die Regierung auf dem Weg der Fremdenfeindlichkeit weiter voranschreitet und mit der Stimme des ungarndeutschen Abgeordneten entschieden wird, dass das Parlament neue Beschlüsse bezüglich des so genannten Soros-Plans verabschiedet?

Solche Fragen und gar deutliche Kritik werden von zahlreichen ungarndeutschen Wahlbürgern und selbst aus dem Umfeld von Nationalitätenselbstverwaltungen formuliert, denn viele fühlten sich nach eigenem Bekunden verraten und desinformiert. Und nicht nur sie, auch zahlreiche Aktivisten, die mit vollem Herzen auf den Straßen waren um neue Leute für die Registration und für die deutsche Liste zu gewinnen, in dem Wissen, dass sie eine parteiunabhängige Liste unterstützen, sind sich nach dem Index-Artikel nicht mehr sicher, so das Ergebnis der Gespräche mit den Betroffenen. Eine der kritischen Stimmen ist Dr. Jenő Kaltenbach, der auf seiner Facebook-Seite auf den Index-Artikel und Emmerich Ritters Pressemitteilung reagierte.Einer von ihnen ist Dr. Jenő Kaltenbach, der auf seiner Facebook-Seite auf den Index-Artikel und Emmerich Ritters Pressemitteilung reagierte.

Foto: budaorsihirek.hu

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