Teil 4: Der Turm von Babel
Eine Reise ins Ausland, wo mehrere Sprachen gesprochen werden, ist wie ein Sprachchaos im Kopf. Das habe ich auf unserer Italienreise deutlich gespürt. Mit meiner Frau sprach ich ungarisch, mit unserem Kind deutsch, im Geschäft italienisch, mit Kolleginnen und Kollegen englisch oder deutsch. Es ist anstrengend, ständig zwischen Sprachen zu wechseln – das muss man offen zugeben.
In solchen Momenten fällt es noch schwerer, sich an gute Vorsätze zu halten – zum Beispiel, mit dem eigenen Kind nur deutsch zu sprechen. Oft vermischen sich beide Sprachen. Man beginnt auf Deutsch und endet auf Ungarisch – oder man spricht plötzlich italienisch, obwohl man das gar nicht geplant hatte.
Ein Moment ist mir besonders im Kopf geblieben: Gegen Ende der Reise fuhren wir durch Südtirol. Ich hatte mir fest vorgenommen: Ab jetzt spreche ich deutsch – im Laden, an der Tankstelle, überall. Aber es kam anders. Als ich an der Tankstelle zahlte, sagte ich ganz automatisch: Grazie. Erst draußen fiel mir ein, dass ich eigentlich „Danke“ sagen wollte. Die Gewohnheit der letzten Tage war stärker als der Plan.
Mehrsprachigkeit ist eine großartige Sache, aber sie bedeutet auch Arbeit. Man muss ständig aufmerksam sein. Das Gehirn braucht Zeit, um zwischen den Sprachen hin und her zu schalten. In vielen Büchern wird erklärt, dass genau diese Fähigkeit – schnell und flexibel zwischen Sprachen zu wechseln – wichtig für die Sprachentwicklung ist. Diese Fähigkeit ist aber nicht bei jedem Menschen gleich stark ausgeprägt.
Wenn es schon uns Erwachsenen schwerfällt, konsequent bei einem Sprachplan zu bleiben, ist es bei Kindern umso schwieriger – und oft nicht realistisch, das zu erwarten. In allen Artikeln zu diesem Thema wird betont und auch hier darf es nicht fehlen: Die langfristige Nutzung einer Sprache ist weniger eine Frage des Entschlusses, sondern vielmehr eine Frage der Gewohnheit. Deshalb muss man für sich selbst klar entscheiden: Mit wem spreche ich welche Sprache – und warum?