Mit großer Bestürzung wurde bekannt, dass die Pázmány-Katholische-Universität in Ungarn nach 32 Jahren das Germanistik-Studium einstellt. Dieser Schritt ist nicht nur ein weiterer Schlag gegen die Geisteswissenschaften im Allgemeinen, sondern sendet auch ein alarmierendes Signal in Bezug auf den Stellenwert der deutschen Sprache und Kultur in Ungarn. Es ist ein Schritt, der deutlich macht, dass geisteswissenschaftliche Disziplinen zunehmend an den Rand gedrängt werden – mit potenziell schwerwiegenden Folgen für die ungarische Gesellschaft.
Ein Angriff auf die Geisteswissenschaften: Die Entscheidung, die Germanistik abzuschaffen, ist nicht isoliert zu betrachten. Sie fügt sich in einen besorgniserregenden Trend ein, bei dem Geisteswissenschaften in der Hochschulbildung immer weiter zurückgedrängt werden. Diese Entwicklung ist nicht nur eine Missachtung der kulturellen Vielfalt und des intellektuellen Erbes, sondern sie schwächt auch die kritische Denkfähigkeit und die analytischen Kompetenzen, die gerade durch diese Disziplinen gefördert werden.
Ungarn blickt auf eine lange Tradition herausragender Persönlichkeiten zurück, die in den Geisteswissenschaften verwurzelt sind. Ein erheblicher Teil der deutschsprachigen Intelligenz in Ungarn stammt aus dem Bereich der Geisteswissenschaften. Diese Akademiker, Schriftsteller, Übersetzer und Forscher haben entscheidend dazu beigetragen, die kulturelle Brücke zwischen Ungarn und dem deutschsprachigen Raum zu erhalten und zu stärken.
Die Abschaffung des Germanistik-Studiums hat nicht nur akademische, sondern auch gesellschaftspolitische Dimensionen. Die ungarländische deutsche Minderheit ist ein integraler Bestandteil der ungarischen Gesellschaft und trägt seit Jahrhunderten zur kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung des Landes bei. Die Germanistik war nicht nur ein Studienfach – sie war ein Symbol für den interkulturellen Dialog, für das Verständnis und die Wertschätzung der deutschen Kultur in Ungarn.
Mit der Schließung des Studiengangs wird der Zugang zur deutschen Sprache und Kultur weiter erschwert. Dies könnte langfristig zu einer Verarmung des kulturellen Lebens führen und den Einfluss der ungarndeutschen Gemeinschaft schwächen. Eine Gesellschaft, die ihre kulturelle Vielfalt nicht pflegt und fördert, läuft Gefahr, ihre Identität zu verlieren.
Die Entscheidung der Universität ist mehr als nur eine bildungspolitische Maßnahme – sie ist ein Symptom eines tieferliegenden Problems. In einer Zeit, in der wirtschaftliche Interessen und technologische Innovationen dominieren, wird der Wert der Geisteswissenschaften oft unterschätzt. Doch gerade in einer zunehmend komplexen Welt sind kritisches Denken, historisches Bewusstsein und kulturelles Verständnis unerlässlich.
Ohne die Förderung solcher Disziplinen droht Ungarn, seine intellektuelle Vielfalt und seine kulturellen Verbindungen zu verlieren. Die Abschaffung der Germanistik ist daher nicht nur ein Verlust für die Universität, sondern für das gesamte Land.
Ein Appell an die Verantwortlichen: Es ist dringend notwendig, diese Entscheidung zu überdenken. Die Geisteswissenschaften sind kein Luxus, den man sich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sparen kann. Sie sind das Rückgrat einer gebildeten, offenen und demokratischen Gesellschaft. Die deutsche Sprache und Kultur sind ein unverzichtbarer Teil des ungarischen kulturellen Erbes.
Wir fordern die Verantwortlichen auf, die Bedeutung der Germanistik und der Geisteswissenschaften in Ungarn anzuerkennen und zu handeln, bevor es zu spät ist. Denn der Verlust eines Studiengangs ist nicht nur ein Rückschritt für die Universität – es ist ein Rückschritt für die gesamte Gesellschaft.