Von Richard Guth
Schulische Sommerferien bieten für mich immer die Möglichkeit, mein gewohntes Umfeld zu verlassen und mich auf Erkundungstouren zu begeben. Nicht anders war es in diesem Jahr, als meine Reise in den Nordosten Rumäniens und in die Slowakei führte.
Dabei beobachte ich immer mit großem Interesse, wie auslandsdeutsche oder ‑ madjarische Minderheitengemeinschaften mit dem sprachlichen Erbe umgehen. Dabei durfte ich mannigfaltige Erfahrungen sammeln. Sogar im Kreise der Sathmarer Schwaben, die als Beispiel für „gelungene” sprachliche Assimilation galten! Auch wenn es mehrfach politische und zivilgesellschaftliche Versuche gab, den Banater Schwaben die süße Muttersprache „zurückzugeben” – zuletzt nach der Wende -, scheiterte dies wohl an zähen Traditionslinien und dem Gewohnheitsrecht.
Anders sieht es im Kreise der zahlenmäßig deutlich kleineren Gemeinschaft der Karpatendeutschen aus, der ich gleich in zwei Ländern begegnete: in der Slowakei und in Rumänien. In Rumänien, denn Zipser Sachsen aus Hopgarten haben sich vor zweieinhalb Jahrhunderten in Oberwischau angesiedelt! Im Kreise der Karpatendeutschen zeigt sich dabei ein anderes Bild als bei den Sathmarer Schwaben: Bekenntnis zum deutschen Spracherbe und aktiver Gebrauch der Sprache – ohne Genieren – eine fast durchgehende Erfahrung, selbst im Falle von nicht hochdekorierten Vertretern der Minderheit, von denen man dies ohnehin erwartet. In den Gesprächen wird deutlich, dass die Tradierung der Sprache im Familienkreis immer noch einen entscheidenden Einfluss auf den Sprachgebrauch hat. Denn auch hier sind die Möglichkeiten des Spracherwerbs bescheiden: An fünf Grundschulen im Siedlungsgebiet der Karpatendeutschen besteht die Möglichkeit in sechs Wochenstunden die Sprache der Ahnen zu erlernen. Viel zu wenig, um diese als Familiensprache zu bewahren oder wieder zu etablieren! Das zeigen auch Erfahrungen aus Ungarn. Auch die Karpatendeutschen stehen unter Druck: Mischehen, Abwanderung, der Vormarsch des Englischen und die Omnipräsenz des Slowakischen erschweren die Weitergabe der deutschen Muttersprache. Und das gehört auch zum Gesamtbild: Man hörte abseits der offiziellen Gespräche mit uns Gästen die eine oder andere slowakische Konversation bei unseren Gastgebern.
Dennoch verließ ich das Siedlungsgebiet der kleinen karpatendeutschen Gemeinschaft mit der Erkenntnis, dass es auf uns ankommt, wie wir Sprache und Identität pflegen und so an die nachfolgenden Generationen weitergeben. Denn die Arbeit wird uns keiner abnehmen.