Von Patrik Schwarcz-Kiefer
Geschichtsinteressierte kennen das Elsass als eine Region, wofür Deutsche und Franzosen oft nach der Waffe gegriffen haben. Für Weinliebhaber ist das Elsass das Land von süßen Weißweinen. Diejenigen, die die Architektur mögen, schätzen das Elsass für Straßburg, sein Münster und seine Fachwerkhäuser.
Diese kurze Aufzählung zeigt, wie vielfältig die Region entlang des Rheins ist. Für Ungarndeutsche bedeutet aber das Elsass (und Lothringen) noch mehr: die Urheimat der Ahnen. Für mich persönlich eher Lothringen, aber als ich mitbekommen habe, dass es ein Dorf nahe Straßburg gibt, wo viele Weinkeller von einem Kief(f)er betrieben werden, habe ich sofort die Entscheidung getroffen: Da muss ich hin!
Ittersweiler (auf Französisch Itterswiller) liegt an einer ehemaligen römischen Heeresstraße. Der Dorfname wird auf den lateinischen Ausdruck Itineris villa (Landhaus der Straße) zurückgeführt. Das Dorf mit 237 Seelen liegt am Fuß der Vogesen an der Elsässer Weinstraße zwischen Straßburg und Kolmar.
Wenn man in diesem kleinen Dorf ankommt, sieht man neben der hügeligen Landschaft die wunderschöne Architektur mit Fachwerkhäusern.
Interessant, wie der Sprachgebrauch der Einwohner von Ittersweiler aussieht! Alle, mit denen wir im Dorf gesprochen haben, entschuldigten sich für ihre nicht guten Deutschkenntnisse. Und siehe dann, sie haben fehlerfrei deutsch gesprochen und über das Leben im Dorf und den Weinbau erzählt.
In fast allen Höfen wird Wein produziert, bei Rémy Kieffer auch. Wir besuchten das Weingut von Rémy Kieffer, der uns erzählte, dass es nicht üblich sei, dass ihr Weinkeller von Ungarn oder Osteuropäern aufgesucht wird. Ihre Gäste stammten vor allem aus West- und Nordeuropa. Wir sprechen über ein Weinbaugebiet, das 14.500 Hektar groß ist, damit zählt es zu den kleinsten Weinbaugebieten Frankreichs. Zum Vergleich: Das Tokajer Weinbaugebiet ist 5.500 Hektar groß (oder klein).
Und wenn man über Tokaj im Elsass spricht, wird die Legende des Weines von Tokay d‘Alsace ganz sicher angesprochen. Laut der Legende hat General Lazarus von Schwendi nach den Türkenkriegen eine Rebsorte aus Ungarn – aus Tokaj – nach Kienzheim mitgebracht. So wurde der Wein Tokay d‘Alsace geboren. Diese Weißwein-Rebsorte darf nach einer Entscheidung der EU nicht mehr den Namen Tokaj tragen, heute wird sie Pinot Gris genannt.
Neben dieser Geschichte haben wir auch darüber gesprochen, warum Herr Kieffer Namensvettern in Ungarn hat. Bedauerlicherweise wusste Herr Kieffer nicht, dass viele aus Elsass und Lothringen ihre neue Heimat im Königreich Ungarn gefunden haben, aber bei der Weinprobe hörte er mit großem Interesse zu, als ich diese Geschichte unserer Ahnen erzählte. Das war die erste Weinprobe meines Lebens, wo ich mehr geredet habe als der Winzer.