ÉMNÖSZ-Einheitsliste vom Wähler abgesegnet – etwas mehr Vielfalt auf lokaler Ebene

Parallel zur Wahl der Kommunalselbstverwaltungen
wurden neue ungarndeutsche Vertreter gewählt

Eine Wahlnachlese von Richard Guth

Der 13. Oktober 2019 brachte manche Überraschung – nach fast 15 Jahren Fidesz-Dominanz in den Kommunen scheint die Erfolgsserie der Regierungspartei ein Ende zu haben. Viel ruhiger verliefen die Wahlen der Minderheitenvertreter, jedenfalls bei den Deutschen. Eine richtige Wahlmöglichkeit bestand ohnehin nur bei der Wahl der örtlichen Nationalitätenselbstverwaltungen – auf der Landesebene hatte man lediglich die Möglichkeit die 47 Namen auf der Landesliste abzusegnen: Das taten etwas über 31.000 Wählerinnen und Wählern von den 37.000, die an der Wahl teilgenommen haben (was einer Wahlbeteiligung von 73% entsprach, 4 % mehr als vor vier Jahren, so LdU-Chefin Ibolya Englender-Hock gegenüber dem Zentrum). Die Zahl der ungültigen Stimmen lag bei 6500, was knapp 20 % aller abgegebenen Stimmen entspricht – einen ähnlich hohen Anteil wiesen nur die Slowaken auf, bei allen anderen Minderheiten lag der Anteil (bis auf die Roma) bei deutlich unter zehn Prozent – ob es sich dabei um eine Form von Protest handelt, ist schwer zu sagen, aber nicht unmöglich. Denn es wurde wegen mangelhafter Absprachen zwischen dem deutschen Abgeordneten Emmerich Ritter und der LdU sowie dessen Nähe zur Regierungspartei vielfach Kritik laut. Auch die fehlende Möglichkeit, über die Kandidaten der Einheitsliste einzeln abzustimmen, könnte eine Erklärung sein. Die Einheitsliste ist unter dem Aspekt unverständlich, weil die 47 Kandidaten auf Komitatsebene durchaus aus einem größeren Kandidatenkreis ausgewählt werden – die Entscheidung treffen nicht die Wahlbürger an der Urne, sondern ihre bei der vorangegangenen Abstimmung gewählten Verteter in den örtlichen Nationalitätenselbstverwaltungen. Man könnte durchaus diese Entscheidung dem Wahlvolk überlassen – aber man scheint an der Stelle auf Nummer sicher gehen zu wollen. Selbst bei dem Sammeln von Empfehlungen berichtete man uns davon, dass man seine Empfehlung für Kandidaten abgeben sollte, die man gar nicht kannte, geschweige denn ihr Programm.

Auch das Aufstellen mehrerer Landeslisten wären unter demokratischen Gesichtspunkten wünschenswert – aber gerade hier zeigt sich die Schwäche der ungarndeutschen Öffentlichkeit und des Vereinswesens und das Zentralisierungsbemühen mancher ihrer Vertreter. Bei anderen Nationalitäten werden durchaus mehrere Landeslisten aufgestellt, wo der Wähler in der Tat die Wahl haben. Dies könnte dazu beitragen, dass die Vollversammlung der LdU mit noch stärkerer „Legitimation ihre fünfjährige Tätigkeit angehen kann”, wie es im Zentrum-Artikel steht.

Auch die Komitatslisten – hier konnten insgesamt sieben Vertreter hineingewählt werden – boten kaum Wahlmöglichkeiten: Es standen zwar in jedem Komitat (es wurden nicht überall, insbesondere im Osten, Listen aufgestellt) mehr als sieben Kandidaten – in der Regel 9-10 – auf der Liste. Aber lediglich die Reihenfolge bei den ersten sieben variierte sich, die restlichen Kandidaten waren Ersatzkandidaten. Eine echte Alternative gab es in der Schomodei: Hier trat neben dem Komitatsverband der Nationalitätenselbstverwaltungen der Deutsche Gemeinnützige Verein Kaposvár an und sicherte drei der sieben Mandate. In anderen Komitaten hatte man – wie im Falle der Landesliste – nur eine Liste „zur Auswahl”.

Ein weiterer Kritikpunkt meinerseits gilt der Namensbezeichnung der Kandidaten – nur wenige der 47 Landeslistenkandidaten gaben ihren Vornamen in deutscher Form an – dies gilt auch für die Komitatslisten. Dabei wäre gerade von Vertretern der deutschen Minderheit die Wahrnehmung einer Vorbildfunktion zu erwarten. Genauso sprach man vielfach von „Német Nemzetiségi Önkormányzatok Szövetsége” – eine erfreuliche Ausnahme bildeten die Weißenburger mit ihrer deutschen Bezeichnung.

Ein etwas bunteres Bild zeigte sich bei den lokalen Kandidaten, hier war die Auswahl an Nominiserungsverbänden, -vereinen größer. Dennoch dominierten auch hier die Komitatsverbände von Nationalitätenselbstverwaltungen. Die JBG hat in zwei Ortschaften eigene Kandidaten aufgestellt – in Witschke/Bicske wurden alle drei JBG-Kandidaten gewählt: Daniel Erlein mit 76 %, Georg Izsák und Kristian Szerencsés mit je 53%. Wohlgemerkt betrug die Zahl der Wahlberechtigten nur 31, von denen 17 ihre Stimmen abgegeben haben. Die drei Herren waren auch die einzigen Kandidaten. In Galgagyörk wurden alle vier von der JBG nominierten Kandidaten gewählt: Thomas Várszegi, Dr. Robert Merkler, Tünde Mike und Georgina Barta-Szlovák (Reihenfolge nach Stimmenzahl). Hier erschienen von den 55 Wahlberechtigten 37. Es bleibt zu hoffen, dass sich die JBG-Abgeordneten auch im Verein einbringen werden.

Insgesamt eine berechenbare Abstimmung mit wenig Überraschungen. Dabei findet man neben einigen neuen viele altbekannte Namen. Dabei würde mehr Auswahl und Konkurrenz das Geschäft beleben und das Ungarndeutschtum zum neuen Schwung verhelfen. Da stehen aber Vereine wie die JBG genauso in der Verantwortung, geeignete Kandidaten für sich zu gewinnen und zu benennen. Auch auf der Sprachenfront – denn, wie man von der Wahl der Branauer 11 berichtete, gab es nur zwei (junge) Kandidaten, die sich auf Deutsch vorstellten – sonst soll die Veranstaltung im „deutschen Kernland” ungarisch dominiert gewesen sein.

Folgen Sie uns in den sozialen Medien!

Spende

Um unsere Qualitätsarbeit ohne finanzielle Schwierigkeiten weitermachen zu können bitten wir um Ihre Hilfe!
Schon mit einer kleinen Spende können Sie uns viel helfen.

Beitrag teilen:​
Geben Sie ein Suchbegriff ein, um Ergebnisse zu finden.

Newsletter

Möchten Sie keine unserer neuen Artikel verpassen?
Abonnieren Sie jetzt!