Patrik Schwarcz-Kiefer: Die Zukunft der Jakob Bleyer Gemeinschaft

von Patrik Schwarcz-Kiefer

Wir haben letztes Jahr ein neues Motto für den Verein gewählt. Es lautet so: „Für das Ungarndeutschtum des XXI. Jahrhunderts“. Dieser Satz ist eindeutig: unser Verein will und wird im Rahmen seiner Tätigkeit Antworten auf die Herausforderungen unseres Jahrhunderts finden. Aber, ohne Inhalt ist diese Aussage nur leere Worte. Dies wissen wir ganz genau, deshalb haben wir letztes Jahr als aktivste deutsche Organisation des Landes für den Minority SafePack Unterschriften gesammelt – insgesamt mehr als 400. Das ist nur ein kleiner Teil aller gesammelten Unterschriften, aber wir haben geholfen um unser Ziel zu erreichen: das Schaffen der Möglichkeit für die Verankerung der Minderheitenrechte auf der Ebene der Europäischen Union. Wir sind gespannt wie die Geschichte der Minority SafePack weitergeht.

Es gibt deutsche Minderheiten auch in vielen-vielen weiteren Ländern, nicht nur in Ungarn. Mit den Elsässern in Frankreich, mit den Belgiendeutschen und mit den Südtirolern – mit den deutschsprachigen Minderheiten – haben wir viele Gemeinsamkeiten, aber auch viele Unterschiede. Aber, es gibt auch solche deutschen Volksgruppen, mit denen wir – vor allem wegen unserer gemeinsamen Geschichte im Karpatenbecken – viel mehr an Gemeinsamkeiten haben. Das erschreckende 20. Jahrhundert hat unsere früheren Landsleute – so wie auch uns – nicht geschont: im letzten Jahrhundert ist die Anzahl der Deutschen im Karpatenbecken deutlich gesunken: um … %. Vielleicht gerade wir Ungarndeutsche hatten das „beste“ Schicksal, wenn man das so sagen kann, denn die Zahl der Deutschen in Ungarn die Höchste ist in unserer Region. Das macht unsere Verantwortung auch grösser: wir dürfen nicht nur binnen ungarischer Grenzen denken, sondern, wir müssen uns auch um die in Siebenbürgen, im Banat, in der Batschka oder in der Zips gebliebene Deutschen kümmern. Deswegen möchten wir in der Zukunft unser Netzwerk im Karpatenbecken weiterentwickeln. Es ist nicht zu vergessen: der Namensgeber unseres Vereins, Jakob Bleyer, hat als Südbatschkaer für das Wohl des Deutschtums von Kleinungarn gearbeitet.

Ich würde gerne auch einige Worte zur Lage des Ungarndeutschtums sagen. Obwohl man überall von „fließenden“ Millionen an Minderheitenförderung, von neuen Schulen, usw. hört, leider ist die Situation nicht so blühend. Es ist geradezu ausreichend, wenn man an einem Schwabenball teilnimmt, und aufmerksam zuhört: man hört kaum deutsche Worte. Stellen wir uns einfach Mal vor, dass wir in Südtirol oder in Siebenbürgen an einer Veranstaltung teilnehmen. Da wäre es unvorstellbar, dass die Südtiroler oder Szekler – anstatt auf Deutsch beziehungsweise Ungarisch – auf Italienisch oder Rumänisch sprechen. Natürlich ist das Vergleichen einer Streuminderheit mit den im Block lebenden Minderheiten nicht der richtigste Vergleich, aber das Beispiel zeigt dennoch gut, wie traurig die Situation der deutschen Sprache unter den Ungarndeutschen ist. Und wie der große ungarische Dichter, Ferenc Kazinczy, es gesagt hat: „in ihrer Sprache lebt die Nation“ – meiner Meinung nach gilt diese Aussage auch für eine Volksgruppe.

Die deutsche Sprache sollte im Mittelpunkt der ungarndeutschen Identität stehen. Wir müssen die Ungarndeutschen davon überzeugen, dass es sich lohnt, sich mit den – bereits geborenen und noch kommenden – Kindern auch daheim deutsch zu reden. Natürlich können wir, als eine Zivilorganisation, die Situation über Nacht nicht ändern, aber – so wie bisher – werden wir uns für die Erhaltung und Verbreitung der deutschen Sprache mit vollem Herzen einsetzen.

Es ist wichtig, dass man nicht nur Kritik ausübt, sondern auch Vorschläge auf den Tisch legt. Deswegen wollen wir in der Zukunft daran arbeiten, dass die Jakob Bleyer Gemeinschaft die Zahl ihrer Mitglieder erhöht, um dadurch – nach dem Motto „mehr Menschen haben mehrere Gedanken“ – viele und gute Vorschläge ausarbeiten zu können. Der konstruktive Dialog soll in unserer Mitte gewünscht werden und Motor dieser Entwicklung soll die ungarndeutsche Intelligenz werden, die an eine lange Geschichte zurückblickt.

Jakob Bleyer und Edmund Steinacker, um nur zwei große Persönlichkeiten unserer Intelligenz hervorzuheben, die aus einer ganz anderen Perspektive das Ungarndeutschtum betrachtet haben. Bleyer sah eine auf dem Bauerntum basierende ungarndeutsche Zukunft, währenddessen Steinacker das ungarndeutsche Bürgertum verstärken wollte. Sie beide hatten Recht! Ohne die ländliche Bevölkerung werden die Intelligenzgespräche in den Kaffeehäusern nur Zeitverschwendung und ohne das Bürgertum werden die richtigen Lösungen auf die Herausforderungen der Zeit nicht gefunden. Die JBG will also den Begriff „ungarndeutsches Bürgertum“ wieder mit Leben füllen, was die Basis einer gemeinsam denkenden ungarndeutschen Intelligenz sein könnte.

Bisher habe ich kein Wort über unsere Zeitung, das Sonntagsblatt, gesagt, obwohl es eigentlich die Hauptrolle in der Tätigkeit des Vereins spielt. Wer die Zeitschrift verfolgt, konnte schon erfahren, dass das Design des Sonntagsblattes deutlich verändert wurde und an die Erwartungen des 21. Jahrhunderts angepasst. Was ich aber für viel wichtiger halte ist, dass auch der Inhalt der Zeitung weiterentwickelt wurde: es wurden neue Themen, neue Perspektiven und neue Rubriken eingeführt. Wir versuchen immer mehr mit eigenen Materialen zu arbeiten, um den Inhalt exklusiver zu gestalten. Hierbei gibt‘s noch sehr viel zu tun, aber wir werden auch in der Zukunft daran arbeiten.

Eine andere großartige Neuigkeit war, dass wir ein Nachrichtenportal errichtet haben, die Seite www.sonntagsblatt.hu. Sie wird zweitäglich aktualisiert und bietet den Lesern dadurch aktuelle Nachrichten aus der Welt der deutschen Minderheiten. Ich kann stolz sagen, dass diese Seite – verbunden mit der Facebook-Seite – bereits jetzt viele Erfolge gebracht hat: einige unserer Artikel haben Tausende erreicht. Ich verspreche es Ihnen sehr gerne, dass wir auf diesem Weg auch weitergehen werden.

In der Zukunft möchten wir die zwei von uns gegründeten Preise weiterführen. Wir haben unsere Ziele mit diesen Auszeichnungen bereits mehrmals betont, dennoch möchte ich sie nochmal wiederholen. Beim Jakob-Bleyer-Preis ist es eindeutig: unser Verein will damit solche Personen ehren, die in ihrem Leben vorbildlich für das Ungarndeutschtum gearbeitet haben beziehungsweise heute noch arbeiten. Beim Géza-Hambuch-Preis haben wir zwei wichtige Ziele. Einerseits möchten wir junge Erwachsene weiter motivieren, die im Minderheiten- und Jugendbereich schon jetzt beispielhaft aktiv sind. Dabei stehen nicht die Schulergebnisse, sondern viel mehr das Zivilengagement im Mittelpunkt. Andererseits möchten wir den Namen der ungarndeutschen Persönlichkeit, Géza Hambuch, im Leben erhalten und sein Lebenswerk den heutigen Generationen bekannt machen. Als ich im Land unterwegs war, hatte ich von den Älteren immer gehört, wie bekannt und beliebt er war. Und, als ich mich mit Jugendlichen unterhielt, musste ich traurig erfahren, dass fast Niemand aus meiner Generation diesen Namen kennt. Dies müsste verändert werden und – meiner Meinung nach – ist dieser Preis eine sehr gute Gelegenheit dafür.

Nun, ich habe viele und vielseitige Ziele genannt. Alle haben aber eine Gemeinsamkeit: wir wollen sie Alle mit den Mitteln des 21. Jahrhunderts erreichen. Kurz gesagt: die JBG geht auf dem bleyerschen Weg – nach den Werten unseren Namensgebers – weiter, aber in einer modernen Form. Dies wird zugleich der rote Faden in den kommenden Jahren der JBG – getreu dem Motto: „Für das Ungarndeutschtum des 21. Jahrhunderts“!

Folgen Sie uns in den sozialen Medien!

Spende

Um unsere Qualitätsarbeit ohne finanzielle Schwierigkeiten weitermachen zu können bitten wir um Ihre Hilfe!
Schon mit einer kleinen Spende können Sie uns viel helfen.

Beitrag teilen:​
Geben Sie ein Suchbegriff ein, um Ergebnisse zu finden.

Newsletter

Möchten Sie keine unserer neuen Artikel verpassen?
Abonnieren Sie jetzt!